Gerichtlichs und Privatgutachten

Das Gerichtsgutachten

Der gerichtliche Sachverständige

Gutachten sind im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens Beweismittel und sollen zur Aufklärung des Sachverhaltes dienen. Gerade in technisch komplexen Fragen, sind Richter und Anwälte häufig überfordert Schäden zu beurteilen und Schlüsse für die Schadensabwicklung zu ziehen. Gutachter unterstützen somit die Rechtsfindung. Zu unterscheiden ist jedoch zwischen einem Parteigutachten und dem, durch das Gericht bestellten Gutachter. Während dem Parteigutachten eine tendenzielle Richtung, insbesondere durch die Gegenseite unterstellt wird, ist der gerichtlich bestellte Gutachter dem Gericht verpflichtet. Das Gericht ist jedoch, auch bei einem durch ihn bestellten Gutachter, nicht an dessen Schlussfolgerungen gebunden, sondern in der Beweiswürdigung frei.

Auswahl des Gutachters

Das Gericht ist bei der Auswahl des Gutachters frei und weder an die Anträge der Parteien noch an eine bestimmte Qualifikationsvoraussetzung gebunden. Eine Ausnahme besteht dann, wenn sich beide Parteien auf einen Sachverständigen einigen.
Generell muss der Richter zu der Überzeugung gelangen, dass der bestellte Gutachter den Anforderungen gewachsen ist und auch in der Lage ist, ein Gutachten fachgerecht zu erstellen. Die öffentliche Bestellung oder die Zertifizierung, sind Hinweise auf die Qualifikation des Gutachters und helfen dem Gericht bei der Auswahl des richtigen Sachverständigen. Weder eine öffentliche Bestellung noch eine Zertifizierung begründen jedoch einen Anspruch auf Bestellung zum Gerichtsgutachter.
Die Anforderungen, die ein Richter an einen Gutachter stellt, können sehr unterschiedlich sein. Obwohl die meisten Gerichte und Landesverwaltungen Listen von Gutachtern führen, ist immer wieder zu beobachten, dass Richter sich wiederholt für dieselben Gutachter entscheiden. Dies macht den Zugang für neu eintretende Gutachter, nicht immer einfach. Allerdings können landesweite Gutachterlisten, wie in Nordrhein-Westfalen, hier langfristig helfen, da dort alle Gerichte und Landesbehörden angeschlossen sind und nicht mehr jedes Gericht einzeln um Eintragung in die jeweilige Gutachterliste ersucht werden muss.
Schlussendlich entscheidet jedoch langfristig die Qualität des Gutachters, ob er von Gerichten herangezogen wird. Eine Tätigkeit als Gerichtsgutachter ist jedoch nicht in allen Fällen wünschenswert, da die Stundensätze in der freien Wirtschaft häufig wesentlich höher liegen und individuell vereinbart werden können.

Das selbstständige Beweisverfahren §§ 485 ff ZPO

Das selbstständige Beweisverfahren (§§ 485 ff. ZPO) sieht die Möglichkeit einer vorgezogenen Beweisaufnahme im Rahmen eines selbstständigen Beweisverfahrens durch einen Sachverständigen vor. Das Verfahren kann bei Unklarheiten oder bei drohendem Beweisverlust, zur Vermeidung zeit- und kostenintensiver Rechtsstreitigkeiten, sinnvoll sein. Die Einleitung des selbständigen Beweisverfahrens für den „Antragsteller“ erfolgt i.d.R durch den Juristen beim Gericht. Die Parteien können Sachverständige vorschlagen. Das Gericht kann den Sachverständigen bestimmen oder die Parteien auffordern, Sachverständige zu bezeichnen. Einigen sich die Parteien über bestimmte Personen als Sachverständige, so hat das Gericht dieser Einigung Folge zu geben. Der Antragsteller formuliert Beweisfragen zu denen der gerichtlich bestellte Sachverständige gehört werden soll. Der Antragsgegner hat das Recht ergänzende Fragen –über das Gericht - an den Sachverständigen zu stellen. Der Sachverständige ist an die gerichtliche(n) Fragestellung(en) gebunden.

Das Privatgutachten

Im Gegensatz zum Gerichtsgutachten, das dem Sachverständigen die zu beantwortenden Fragen vorgibt, erfolgt die Klärung der im Gutachten zu behandelnden Aufgaben- und/oder Fragestellungen zwischen dem Auftraggeber und dem Sachverständigen. Der Auftraggeber benötigt hierbei häufig Hilfestellungen des Sachverständigen zur Ausformulierung der zu lösenden Streit- bzw. Fachfragen.
Kommt es doch zur gerichtlichen Auseinandersetzung, ist der Jurist des Auftraggebers durch das Privatgutachten eines kompetenten Sachverständigen in die Lage versetzt, mit dem Gutachten einen fachlich fundierten Parteivortrag in das Verfahren einzubringen. Schaltet das Gericht einen Sachverständigen ein, wird sich dieser mit dem Privatgutachten auseinander zu setzen haben und die Erwägungen des Privatgutachtens in seine Ausführungen einbeziehen.

Privates Sachverständigengutachten im Rechtsstreit:

Im Rahmen gerichtlicher Beweisverfahren kommt es häufig zu Verzögerungen, weswegen das Gutachten eines privaten Sachverständigen vor, während und nach dem gerichtlichen Rechtsstreit eine wesentliche Rolle spielt. Ist der Sachverständige kompetent, orientiert sich der vom Gericht bestellte Sachverständige am „qualifizierten Parteivortrag“ des privaten Sachverständigengutachtens. Im Rahmen von Baustreitigkeiten kommt es immer wieder vor, dass gerichtlich bestellte Sachverständige nicht über die gebotene Sachkunde verfügen. Auch wenn das Privatgutachten kein Beweismittel im Sinne der ZPO darstellt, kann die Vorlage eines privaten Sachverständigengutachtens vor einem Prozessverlust und/oder vor der Einholung mehrerer gerichtlicher Sachverständigengutachten bewahren und damit zur beschleunigten Konfliktlösung bzw. Streitbeendigung und der Reduzierung der Streitkosten beitragen.

Das Schiedsgutachten

Das Schiedsgutachten verfolgt das Ziel einer außergerichtlichen Einigung zwischen Konfliktparteien. Die Konfliktparteien einigen sich auf die Beauftragung eines Sachverständigen und unterwerfen sich in einem zu schließenden Schiedsgutachtenvertrag, rechtsverbindlich dem Ergebnis des Schiedsgutachtens.

Obwohl das Schiedsgutachten eine Möglichkeit darstellt, den Konflikt gegenüber gerichtlichen Verfahren kosten- und zeitreduziert zu lösen, wird das Verfahren von Konfliktparteien wenig genutzt.